Dürer – Kunst – Künstler -
Kontext
Vom
23. Oktober 2013 bis 2. Februar 2014 präsentiert das Städel Museum den wohl
bedeutendsten deutschen Renaissancekünstler
>> Albrecht Dürer * 1471 Nürnberg † 1528 Nürnberg
in einer umfassenden Sonderausstellung.
>> Albrecht Dürer * 1471 Nürnberg † 1528 Nürnberg
in einer umfassenden Sonderausstellung.
Diese umfasst insgesamt über 280 Werke,
darunter etwa 200 Arbeiten von Albrecht Dürer selbst. Insgesamt zeigt die
Präsentation das Schaffen des deutschen Meisters in der ganzen Breite und
Vielfalt seiner künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Zu sehen sind Tafel- und
Leinwandbilder, Handzeichnungen,
Blätter in unterschiedlichen druckgrafischen Techniken sowie von Albrecht Dürer
verfasste und illustrierte Bücher. Dürers fortwährende Auseinandersetzung mit
den Werken seiner deutschen, niederländischen und italienischen
Künstlerkollegen ist zentrales Thema der Frankfurter Altmeisterausstellung, die
Dürers Arbeiten in den historischen Kontext ihrer Entstehung stellt. Hierfür
ergänzen Arbeiten von Vorläufern, Zeitgenossen und Schülern wie >> Martin Schongauer (* 1445? Colmar † 1491 Breisach am Rhein) , >> Hans Baldung Grien (* 1476 Weyersheim † 1545 Strassburg), Hans von Kulmbach, Jacopo deʼ Barbari, >> Giovanni Bellini (* 1437? Venedig † 1516 Venedig), Joos van Cleve oder Lucas van Leyden das groß angelegte
Ausstellungsprojekt.
Durch
diese Art der Kontextualisierung werden dem Betrachter nicht nur die besondere
Gestaltungskraft und künstlerische Qualität in Dürers Werk, sondern auch sein
entscheidender Beitrag für die Entstehung der nordeuropäischen Renaissancekunst
nahegebracht. Die Ausstellung vereint Leihgaben aus den bedeutendsten
Kunstsammlungen der Welt, wie der National Gallery London, dem Museo Nacional
del Prado in Madrid, der National Gallery of Art in Washington, dem Pariser
Louvre, dem British Museum in London, den Staatlichen Museen zu Berlin, den
Uffizien in Florenz, dem Amsterdamer Rijksmuseum oder dem Die Ausstellung wird
von der Sparkassen-Finanzgruppe, der Anwaltssozietät Skadden, Arps, Slate,
Meagher & Flom LLP sowie der Gas-Union GmbH gefördert. Zusätzliche
Unterstützung erfährt sie durch die Georg und Franziska Speyer’sche Hochschulstiftung
sowie den Museumskooperationspool der Stadt Frankfurt am Main.
„Die umfassende Präsentation im Städel zeigt
Dürers Kunst im Kontext ihrer Zeit und unterscheidet sich darin deutlich von
vergleichbaren Ausstellungen der Vergangenheit. Seine künstlerischen
Innovationen, seine theoretischen Forschungen und nicht zuletzt sein Geschick
in der Vermarktung und Inszenierung seines Schaffens machten Dürer schon zu
Lebzeiten zu einem der einflussreichsten europäischen Künstler. Diesen ‚ganzen‘
Dürer wollen wir in unserer Ausstellung zeigen“, ergänzt Prof. Dr. Jochen
Sander, Kurator der Ausstellung. Als Maler und gelernter Goldschmied bewies der
1471 in Nürnberg geborene Albrecht Dürer sein Können in den unterschiedlichsten
Medien: Der viel beschäftigte Tafelmaler, gefeierte Porträtist, Meister des
Holzschnitts und Revolutionär des Kupferstichs realisierte aufwendige
Auftragsarbeiten für Kaufleute, Adlige und Kaiser, entwarf aber auch Werke für
andere künstlerische Techniken und arbeitete gemeinsam mit Glas-, Buch- und
Wandmalern, Bildhauern und Goldschmieden. Dürer bildete sich darüber hinaus
auch in theoretischen Themengebieten weiter, ging wissenschaftlichen Fragestellungen
nach, erforschte Natur und Mensch und schrieb und veröffentlichte Lehrbücher zu
seinen so gewonnenen Erkenntnissen. Aufenthalte in Oberitalien und in den
Niederlanden weiteten Dürers künstlerische Perspektive und erschlossen ihm
zugleich neue Absatzmärkte. Dürers Ehefrau und auch seine Mutter unterstützten
ihn beim Verkauf seiner Werke und organisierten den Messevertrieb. Bald war
Dürer so erfolgreich, dass er eine Werkstatt gründete, ein eigenes „Copyright“
einführte und Handlungsreisende damit beauftragte, seine Kunst über die
Stadtgrenzen hinaus zu verkaufen. Albrecht Dürer starb 1528 wohl an den Folgen
einer Malaria-Erkrankung im Alter von 57 Jahren.
Die
große Dürer-Ausstellung im Städel Museum, die sich über zwei Stockwerke und 1.000
Quadratmeter Fläche im Ausstellungshaus erstreckt, ist in insgesamt vierzehn thematisch
orientierte Abschnitte unterteilt, die zahlreiche Facetten im Leben und Werk
Albrecht Dürers beleuchten und kontextualisieren. Die Präsentation beginnt im Erdgeschoss
mit dem Frühwerk des Nürnberger Künstlers und seinem beruflichen und familiären
Bezug zur Goldschmiedekunst. Hier ist u. a. das Gemälde Büßender heiliger Hieronymus
(um 1492, National Gallery, London) sowie das Bildnis der Mutter des Künstlers
(um 1490, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg), das früheste gesicherte
Gemälde Dürers, zu sehen. Die anschließende Sektion zu fürstlichen und
bürgerlichen Auftraggebern verdeutlicht Dürers bereits zu Lebzeiten hohes
Ansehen anhand von prominenten Auftragsarbeiten wie Trommler und Pfeifer (um
1503/05, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln) oder Maria als Schmerzensmutter
(um 1495/98, Alte Pinakothek, München). Das in Gänze in der Ausstellung zu
sehende Druckwerk der Apokalypse (1498/1511, Städel Museum) veranschaulicht
nachfolgend den enormen technischen und damit künstlerischen Entwicklungssprung,
den Dürers Kunst für das Medium des Holzschnitts bedeutete.
Anschließend
geben die Kapitel „Mensch und Maß“ sowie „Italien“ Einblick in Dürers Vorstellung
von der idealen Darstellung des menschlichen Körpers und seine u. a. auf Reisen
entstandene Auseinandersetzung mit der Arbeit italienischer Künstler und Kunsttheoretiker.
Eindrucksvolles Dokument seiner Beschäftigung mit Akt- und Proportionsstudien
ist das nach aufwendiger Restaurierung erstmals als Leihgabe gestellte Dresdner
Skizzenbuch (um 1507–1519 sowie 1523, Sächsische Landes- und
Universitätsbibliothek Dresden). Eine digitale Medienstation bietet den Besuchern
die einmalige Gelegenheit, virtuell durch das gesamte Buch zu blättern. Die im
Dresdner Skizzenbuch entwickelten Studien zu menschlichen Proportionen dienten
als Vorlage für aus Buchs- und Birnbaumholz gefertigte Gliederpuppen des „Meister
IP“ (nach 1525, Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig, Museum für Kunst
und Gewerbe Hamburg), die Dürers Zeichnungen in der Ausstellung gegenübergestellt
werden können. Eine Reihe von hochkarätigen Gemälden, darunter das Bildnis der
Elsbeth Tucher (1499, Gemäldegalerie Alte Meister, Museumslandschaft Hessen
Kassel) oder das Bildnis eines Geistlichen (1516, National Gallery of Art,
Washington) verdeutlichen im folgenden Abschnitt die besondere Aufmerksamkeit,
die Dürer zeit seines Lebens dem Porträt zumaß. Dürers Bildnisse bestechen noch
heute durch ihre feinmalerische Perfektion und prägnante Erfassung der
Persönlichkeit der Dargestellten.
Der
in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts von Dürer aufgebauten Nürnberger
Werkstatt ist der folgende Raum des Untergeschosses gewidmet. Hier sind
bedeutende Arbeiten von Dürers bekanntesten Mitarbeitern Hans Baldung Grien (um
1484–1545), Hans Schäufelin (um 1480–um 1540) und Hans Süss von Kulmbach (um
1480–um 1522) zu sehen. Das Obergeschoss des Ausstellungshauses beginnt mit einem
der Höhepunkte der Präsentation: der Wiedervereinigung der Tafeln des
Heller-Altars (um 1507–1509), den Dürer gemeinsam mit Mathis Gothart Nithart,
genannt Grünewald, für den wohlhabenden Frankfurter Jakob Heller schuf. Die
Tafeln des ursprünglich für die Kirche des Dominikanerklosters in Frankfurt
bestimmten Altarretabels sind heute zwischen dem Historischen Museum Frankfurt,
der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe und dem Städel aufgeteilt und werden in
der Ausstellung erstmals zusammen mit einer umfangreichen Auswahl
vorbereitender Studien Dürers gezeigt.
Eine
weitere besonders spektakuläre Arbeit Dürers und mit dreieinhalb mal drei
Metern das größte Ausstellungsstück ist Die Ehrenpforte für Kaiser Maximilian
I. (1517/18, Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig). Mit diesem auf 36
Papierbögen gedruckten, teilvergoldeten und altkolorierten Werk, dem der zweite
Raum des Obergeschosses gewidmet ist, schuf Dürer einen der größten
Holzschnitte aller Zeiten. Dürers Aufenthalt in den Niederlanden ist das
anschließende Kapitel gewidmet. Hier genoss er als international gefeierter
Künstler hohes Ansehen und erhielt zahlreiche Aufträge. In Antwerpen entstand
auch der Heilige Hieronymus im Studierzimmer (1521, Museu Nacional de Arte Antiga,
Lissabon). Dieses Gemälde wurde von niederländischen Künstlern wie Lucas van
Leyden (1494–1533) oder Joos van Cleve (1485–1540) sofort bewundert und
vielfach rezipiert. Ein eigener Raum im Obergeschoss stellt diese verschiedenen
Hieronymus-Darstellungen einander gegenüber. Anschließend behandelt die
Ausstellung Dürers Auseinandersetzung mit verschiedenen Drucktechniken, wie sie
in Perfektion in den „Meisterstichen“ Der Reiter (Ritter, Tod und Teufel),
Melencolia I (Die Melancholie) oder Hieronymus im Gehäus (jeweils um 1514,
Städel Museum) zu erleben ist.
Eine
weitere Besonderheit ist die einzige erhaltene Metalldruckplatte (1515,
Staatsbibliothek Bamberg), die gemeinsam mit der dazugehörigen Eisenradierung
Christus am Ölberg (1515, Sammlung Otto Schäfer II, Schweinfurt) präsentiert
wird. Dürer war auch für Glas-, Buch- und Wandmaler, Bildhauer und Goldschmiede
tätig. Seiner Arbeit als Gestalter für die Nachbarkünste gilt der folgende
Abschnitt der Präsentation, in dem unter anderem der Entwurf für einen
Drachenleuchter mit Rentiergeweih (1520–1522, Städtische Wessenberg-Galerie
Konstanz) und der Entwurf für die Dekoration des Großen Saals des Nürnberger
Rathauses (1521, The Morgan Library & Museum, New York) zu sehen sind.
Zum
Abschluss der Ausstellung werden Dürers künstlerische Illustrationen für Flugblätter
gezeigt, die von exotischen Lebewesen bis hin zu besonderen Naturereignissen
berichteten. Dabei gelang Dürer beispielsweise mit dem Rhinozeros (1515, Städel
Museum) eine solch präzise Darstellung des ihm nur aus Beschreibungen bekannten
Tiers, dass seine Holzschnitte lange die bildliche Vorstellung seiner Zeit
bestimmten. Die Ausstellung endet mit einer Sektion zum Nachruhm des
Universalgenies. Durch die Verbreitung und Vervielfältigung seines Bildnisses
in Form der Porträtmedaille auf Albrecht Dürer mit rückseitigem Wappen von Hans
Schwarz (1520, Kunsthistorisches Museum Wien) wurde Dürers Anspruch unterstrichen,
den Status eines Gelehrten erlangt zu haben, der mit den Mächtigen und Großen
seiner Zeit auf Augenhöhe verkehrt.Da zahlreiche Gemälde im Städel Museum einen
direkten Bezug zu Dürers Schaffenaufweisen, wird in der Galerie an
verschiedenen Stellen mittels Zusatzlabels auf die vielfältigen Verbindungen
zur aktuellen Dürer-Ausstellung verwiesen. (Text: Städel Museum Frankfurt)